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Neue Perspektiven – Engagement nach dem Berufsleben

Zusammen stark: „Den demografischen Wandel sehen wir als Chance“

Im Rahmen des Kooperationsprojekts „Engagement im Gallus“ werden Bedarfe an freiwilligem Engagement im Frankfurter Stadtteil Gallus ermittelt und u. a. ehemalige Mitarbeitende von kooperierenden Unternehmen als Freiwillige in den Sozialraum vermittelt.

Frau Friedrich, Sie sind die Koordinatorin im Mehrgenerationenhaus Frankfurt Gallus und haben gemeinsam mit der Deutschen Bank und der Wirtschaftkanzlei Linklaters das Projekt „Engagement im Gallus“ entwickelt. Welche Ziele verfolgen Sie mit dem gemeinsamen Projekt?

Kristin Friedrich: Viele Berufstätige, die sich auf den Weg in den Ruhestand begeben, stehen mitten im Leben und sind körperlich sowie geistig agil. Sie wollen häufig noch einen Beitrag zur Gesellschaft leisten. Damit diese Energie nicht verloren geht, entwickeln wir im Projekt „Engagement im Gallus – eine Initiative von Deutsche Bank, Linklaters und dem Mehrgenerationenhaus Frankfurt“ passgenaue Volunteer-Aktivitäten, unter anderem für diese Zielgruppe, und wollen damit die Bedarfe im Stadtteil decken und nachhaltig zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen beitragen. Hierbei geht es vor allem um dauerhafte Engagements mit fester Bindung zur Einrichtung beziehungsweise zum Sozialraum. Die Volunteers im Ruhestand suchen nämlich kein einmaliges Engagement im Sinne eines Social Days, sondern eine längerfristige ehrenamtliche Tätigkeit mit einem persönlichen Bezug. Es ist aber auch Flexibilität gefragt und die Bereitschaft, bei Bedarf andere Aktivitäten auszuprobieren. Die Generation der Babyboomer ist neugierig und vielseitig interessiert am lebenslangen Lernen, daher nimmt sie generationsübergreifende Aktivitäten beziehungsweise Engagements gerne an.

Worin besteht das Potenzial von Babyboomern für die Mehrgenerationenhäuser?

Kristin Friedrich: Diese Generation hat viele Jahrzehnte leistungsorientiert in einem Unternehmen gearbeitet und bringt viele unterschiedliche Ressourcen mit. Je nach sozialem Engagement können die beruflichen Erfahrungen, beispielsweise als Personaler oder als Juristin, im Ruhestand ideal genutzt werden. Im Gegensatz zu Menschen, die noch im Berufsleben stehen, bringen Seniorinnen und Senioren zudem ein größeres Zeitfenster mit.

Frau Schwake, Sie arbeiten bei der Deutschen Bank. Was haben ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die kurz vor dem Ruhestand stehen, von einem freiwilligen Engagement und wie treten sie miteinander in Kontakt?

Christine Schwake: Viele unserer Mitarbeitenden waren schon während ihrer Berufstätigkeit im Rahmen unserer CSR-Corporate-Volunteering-Aktionen* oder auch in eigenen Initiativen ehrenamtlich engagiert. Sie sind oft vielseitig interessiert, haben Freude daran, ihr Wissen und ihre Erfahrungen weiterzugeben und die Chancen anderer sowie die gesellschaftliche und soziale Entwicklung zu stärken, lernen aber auch und profitieren so am Ende auch selbst. Die Initiative geht deshalb meistens auch von ihnen selbst aus. Die Kolleginnen und Kollegen sprechen mich an und fragen, ob sie auch nach ihrer aktiven Berufstätigkeit noch mitmachen dürfen. Wir besprechen dann, welche Art Engagement in Frage kommt und in welchem zeitlichen Umfang ein Einsatz möglich ist.

Wie sieht die Zusammenarbeit zwischen dem Mehrgenerationenhaus und den Unternehmen genau aus? 

Christine Schwake: Von Anfang an, also seit 2011, ist die Projektleitung bei Kristin Friedrich im Mehrgenerationenhaus verortet. Sie steht als Ansprechpartnerin „mittendrin“ und kennt die aktuellen Bedarfe des Hauses und des Stadtteils. Mit den zahlreichen Kooperationspartnerinnen und -partnern prüft sie, was gebraucht wird, koordiniert Maßnahmen und setzt sie um. Die Umsetzung von Angeboten erfolgt immer unter Einbindung der Wirtschaftsunternehmen. Schon vor Beginn des Projekts war das Mehrgenerationenhaus Frankfurt ein bewährter Einsatzort für zahlreiche CSR-Volunteer-Aktivitäten der Deutschen Bank.

Frau Herzing, Sie waren beruflich bei der Deutschen Bank aktiv und unterstützen jetzt im Rahmen eines freiwilligen Engagements verschiedene Organisationen. Warum haben Sie die Entscheidung getroffen, sich ehrenamtlich zu engagieren?

Elke Herzing: Die Hilfsbereitschaft war schon immer ein Teil von mir. Ich habe es aber während meiner Berufstätigkeit nur in sehr wenigen Fällen geschafft, mich ehrenamtlich zu engagieren. Vor eineinhalb Jahren bin ich dann in die Passivphase der Altersteilzeit gewechselt, in der ich mich jetzt immer noch befinde, und mir wurde immer klarer, dass ich mich nun ehrenamtlich engagieren will. Dann kam mir der Zufall zugute. Ich traf mich mit einer ehemaligen Kollegin, die über meinen Arbeitgeber ehrenamtlich tätig war. Sie hat die verantwortliche CSR-Koordinatorin angeschrieben und mich mit auf den E-Mail-Verteiler setzen lassen. So nahm es im Juni 2021 seinen Lauf und ich bin immer noch dabei!

Herr Tümmler, auch sie haben bei der Deutschen Bank gearbeitet – als Bankkaufmann in der Konzernrevision sowie als Betriebsrat. In Ihrem Ruhestand helfen Sie in verschiedenen Begegnungszentren zum Beispiel bei Hofkonzerten, Sommerfesten oder bei der Aktion „Gallus fährt Rad“. Wie helfen Ihnen dabei Ihre beruflichen Kenntnisse?

Holger Tümmler: Mir helfen die Erfahrungen, die ich in meinem Berufsleben machen konnte, sehr. Das Planen, Beraten und die Arbeit im Team kommen mir hier zugute. Wie im Beruf sind auch bei den unterschiedlichen Aktionen gute inhaltliche Vorbereitung und Ablaufplanung wichtig. Doch ich muss auch immer noch dazulernen – zum Beispiel den geduldigen Umgang mit betagten, unterschiedlich beeinträchtigten Seniorinnen und Senioren.

Wie profitieren alle Seiten sowie die Gesellschaft von dem Projekt „Engagement im Gallus“?

Christine Schwake: Den demografischen Wandel und auch lebenslanges Lernen sehen wir als Chance. Damit wird die Weitergabe von Wissen und Erfahrung ermöglicht und der Zusammenhalt zwischen Menschen aus unterschiedlichen Generationen, Kulturen und Nationen, wie aber auch die gesellschaftliche, wirtschaftliche und soziale Entwicklung gestärkt. Volunteer-Einsätze bieten bereichernde Erfahrungen und Begegnungen mit Menschen und Kulturen, die nicht selbstverständlich sind – Erfahrungen, die in unserer Gesellschaft weiterwirken. Und oft ist ein ehrenamtliches Engagement ein sanfter Übergang vom eingespannten Berufsalltag in die nächste Lebensphase. Ganz wichtig ist uns dabei die Zufriedenheit und die Freude am Engagement. Die ehemaligen Kolleginnen und Kollegen investieren ihre Lebenszeit. Wir möchten verantwortungsbewusst und sorgsam mit diesem „Geschenk“ und den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen umgehen.

 


Zu den Personen

Kristin Friedrich leitet im Mehrgenerationenhaus Frankfurt seit 2011 das Projekt „Engagement im Gallus“. Sie arbeitet dabei eng mit Christine Schwake aus dem Bereich Gesellschaftliche Verantwortung/Mitarbeiterengagement der Deutschen Bank zusammen. Holger Tümmler und Elke Herzing haben im Rahmen des Projekts die passenden Einsatzorte gefunden, um sich im Ruhestand gesellschaftlich einbringen zu können.
 

*CSR steht für Corporate Social Responsibility.