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Beschäftigungsfähigkeit

"Die Mehrgenerationenhäuser sind eine wertvolle soziale Infrastruktur"

Foto von Heidi Holzhauser

Bundesweit bestehen zahlreiche Kooperationen zwischen den Mehrgenerationenhäusern und den örtlichen Agenturen für Arbeit sowie Jobcentern. Im Interview gibt Heidi Holzhauser, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt im Bereich des Sozialgesetzbuches II (SGB II) in der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg, Einblicke in Kooperations- und Fördermöglichkeiten und auch Anregungen, wie Mehrgenerationenhäuser mit der Bundesagentur für Arbeit oder anderen Trägern kooperieren können. 

Frau Holzhauser, warum ist die Kooperation zwischen Mehrgenerationenhäusern und örtlichen Agenturen für Arbeit sowie Jobcentern aus Sicht der Bundesagentur für Arbeit so interessant?

Die Mehrgenerationenhäuser können bei der Integration von Arbeitsuchenden in den Arbeitsmarkt vielfältig unterstützen. Bei zahlreichen Angeboten ergeben sich für die Bundesagentur für Arbeit Anknüpfungspunkte, um gemeinsam Brücken zwischen Menschen und dem ersten Arbeitsmarkt zu bauen. Gerade im Bereich der Aktivierung erleichtern die Häuser über niedrigschwellige Beratungsangebote den Zugang zu Personen mit sogenannten multiplen Problemlagen. Daher sehen wir die Mehrgenerationenhäuser als wertvolle Infrastruktur, die auch für unsere Kundinnen und Kunden gute Maßnahmen und Aktivitäten gestalten.  

Stichwort Aktivitäten und Maßnahmen: Kann ein Mehrgenerationenhaus Träger arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen sein? Und ist dafür eine Zulassung erforderlich?

Ziel der Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit ist es, Mehrgenerationenhäuser als Orte für eine generationenübergreifende Begegnung des freiwilligen Engagements zu nutzen, an denen die gesellschaftliche Teilhabe und die Integration in den Arbeitsmarkt unterstützt werden. Die Eigenschaft als Träger von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen steht deshalb nicht im Vordergrund.

Wenn ein Mehrgenerationenhaus sich an Vergabeverfahren für arbeitsmarktpolitische Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch III (SGB III) oder dem SGB II beteiligen möchte, muss es als Träger nach §§ 176 ff. SGB III in Verbindung mit der Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung (AZAV) zugelassen sein. Darüber hinaus ist es dann auch möglich, über sogenannte fachkundige Stellen (Zertifizierungsstellen) eine Zulassung einzelner Maßnahmen zu erlangen, die im Rahmen der Förderung der beruflichen Weiterbildung mit einem Bildungsgutschein oder der Aktivierung und beruflichen Eingliederung mit einem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein von den Arbeitsagenturen oder Jobcentern gefördert werden können. Im Rahmen dieser Zulassungsverfahren muss ein Träger nachweisen, dass er qualitative Mindestanforderungen bei der Konzeption und Durchführung von Maßnahmen der Arbeitsförderung erfüllt. Ein solches Vorhaben ist mit Zeit und Kosten verbunden. Daher sollten Mehrgenerationenhäuser genau prüfen, ob sich die Zulassung als Träger arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen für sie lohnt.

Sind über die Regelleistungen des SGB III hinaus weitere Förderungen möglich?

Neben den Regelinstrumenten bietet der § 135 SGB III eine Fördermöglichkeit für die Erprobung besonders innovativer Ansätze der aktiven Arbeitsförderung. Entsprechende Ideen können in lokalen Netzwerken gemeinsam entwickelt und bei der örtlichen Arbeitsagentur vorgestellt werden. In diesem Kontext ist jedoch nur eine Förderung von bis zu 50 Prozent der anfallenden Gesamtkosten möglich. Darüber hinaus muss eine Kofinanzierung sichergestellt sein. Wichtig ist, dass Mittel für die Erprobung innovativer Ansätze nur für den Rechtskreis des SGB III, also für Kundinnen und Kunden der Arbeitslosenversicherung gelten. Im Prinzip kommen hierfür alle Handlungsfelder der Mehrgenerationenhäuser in Betracht – beispielsweise die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Trägern, um eine flexible Randzeitenbetreuung von Kindern zu ermöglichen.

Wie können Mehrgenerationenhäuser außerhalb des Förderkontextes des SGB III mit Trägern kooperieren?

Mehrgenerationenhäuser sind Orte des Austauschs, an denen eine individuelle, aber auch eine institutionelle Vernetzung zur Lösung von Alltagsproblemen stattfinden kann. Hier ergeben sich vielfältige thematische Anknüpfungspunkte für trägerübergreifende Partnerschaften. Das können etwa gemeinsame Projekte zum Abbau von Sprachbarrieren oder Angebote flexibler Kinderbetreuung sein. Gerade im Verbund mit Bildungs- oder Arbeitsmarktträgern beteiligen sich viele Mehrgenerationenhäuser an Projekten und erschließen so teilweise auch neue Fördermittel. Auch die Vernetzung mit den Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt der Jobcenter ist zu empfehlen, denn es ist für beide Seiten enorm wichtig, Kontakte auf- und auszubauen, um über aktuelle Angebote, aber auch Fördermöglichkeiten informiert zu sein.  

Gibt es bereits praktische Beispiele, die sich bei der Kooperation zwischen Jobcentern, Arbeitsagenturen und Mehrgenerationenhäusern bewährt haben?

Besonders gute Erfahrungen machen wir mit Informationsveranstaltungen für Wiedereinsteigerinnen in den Beruf oder alleinerziehende Frauen, die zum Beispiel zusammen mit den Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt und Integrationsfachkräften angeboten werden. Auch Mentoringprojekte für alleinerziehende Frauen oder Jugendliche aus schwierigen familiären Verhältnissen haben sich bewährt. Gerade die Gruppe der alleinerziehenden Frauen profitiert oftmals von den Angeboten der Mehrgenerationenhäuser, da sie in der Regel mehrfache Herausforderungen wie berufliche Qualifizierung, Kinderbetreuung und Arbeitsplatzsuche gleichzeitig zu bewältigen haben. Aber auch viele Angebote für Menschen mit Migrationshintergrund ebnen oft den Weg in den Arbeitsmarkt.