Wenn die Decke auf den Kopf fällt… Raus aus der Einsamkeit
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Schlagworte:
Einsamkeit, Freiwilliges Engagement, Freizeitgestaltung, Offener Treff, Selbstbestimmtes Leben im Alter, Teilhabe
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Demografietyp:
7 Großstädte/Hochschulstandorte mit heterogener sozio-ökonomischer Dynamik
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Siedlungstyp:
Ländlicher Raum
Gute Gespräche, offene Ohren und Lust auf gute Gesellschaft - darum geht es bei unseren Angeboten gegen Einsamkeit!
Spätestens seit den Schlagzeilen um das neu geschaffene Amt der britischen „Einsamkeitsministerin“ im Jahr 2018 ist das Thema der sozialen Isolation auch in Deutschland in aller Munde. Deswegen wollten wir gemeinsam mit unseren Ehrenamtlichen gezielt Angebote entwickeln, die sich der Einsamkeit entgegenstellen und mehr Gemeinschaft fördern. Mit der Zeit entstanden so verschiedene Ideen, wurden passende Personen und Räumlichkeiten gefunden – und die Umsetzung begann. Mit dem Erzählcafé, der Sprech-Stunde und dem Café mit Herz gibt es bei uns nun gleich drei verschiedene, ehrenamtlich geleitete Angebote, um mehr Gemeinschaft zu fördern. Ziel ist es, Wege aus der Einsamkeit aufzuzeigen und Möglichkeiten zu schaffen, neue Menschen oder Nachbarn kennenzulernen sowie zu einem guten Zusammenleben vor Ort beizutragen. Das Café mit Herz ist ein Treff für Alleinstehende. Es findet sonntagnachmittags kostenlos statt und spricht vor allem ältere Alleinstehende an. Beim Erzählcafé steht der Inhalt im Vordergrund. Der Einstieg in ein Gespräch kann dabei eine kurze Anekdote, ein Gedicht, ein Auszug aus einem Film oder ein Foto sein. Unter dem Titel „Sprech-Stunde: Einfach mal reden“ hören sechs Ehrenamtliche wöchentlich ganz niedrigschwellig Menschen zu, die dafür sonst niemanden haben. Die Angebote bringen gezielt und nachhaltig Menschen miteinander in Kontakt und regen den Austausch von Gedanken und Erfahrungen an. Der beste Schutz vor Einsamkeit sind soziale Kontakte!
Einbindung der Querschnittsaufgaben
Die Angebote wären ohne unsere Ehrenamtlichen gar nicht denkbar: 10 Personen bringen sich mit ihren Ideen, ihrem Engagement und vor allem mit ihrer Zeit in die Angebote ein. Ohne sie könnten diese nicht (zwei-)wöchentlich bzw. monatlich durchgeführt werden. Insgesamt leisten die Engagierten im Monat ca. 25 ehrenamtliche Stunden um der Einsamkeit entgegenzutreten. Dies benötigt natürlich auch eine enge hauptamtliche Begleitung (Weiterbildung, Planung und Absprachen, ÖA, teilweise "Supervision", Anerkennung etc.). Die Ehrenamtlichen sind im Alter von Mitte 40 bis Mitte 75 und befinden sich zumeist in außer- bzw. nachberuflichen Phasen. Durch die Angebote wird eine große Bandbreite an Menschen erreicht: Insbesondere die Sprech-Stunde wird von allen Altersgruppen gut angenommen, da Einsamkeit bei weitem nicht nur ein Problem des Alters ist. Gerade jüngere Menschen – seien es Studenten oder auch Berufsanfänger – tun sich unserer Erfahrung nach zunehmend schwer, ein stabiles soziales Umfeld aufzubauen. Hingegen ist die Gruppe z. B. beim Café mit Herz etwas homogener, da sich dort vor allem ältere Menschen treffen.
Wirkung
Bereits jetzt fühlt sich fast jeder Zehnte der 45- bis 84-Jährigen einsam. Einsame Menschen tun sich jedoch schwer, ihre Isolation zu verlassen. Dabei sind gerade gemeinsame Aktivitäten oder auch ehrenamtliches Engagement der beste Ausweg. Mit den Angeboten erreichen wir genau das. Sie werden gut genutzt und haben ganz individuelle positive Effekte. So findet man beim Erzählcafé Raum für intensiven Austausch, spannende Diskussionen und v. a. für gegenseitiges Zuhören, heute wichtiger denn je! Die Sprech-Stunde nutzen insbesondere Menschen in schwierigen Lebenslagen. Sie finden ein offenes Ohr und Informationen zu weiterführenden Hilfsangeboten bzw. Wegen aus der Einsamkeit. Rückmeldungen zeigen, wie wichtig dieses Angebot ist und wie dankbar es angenommen wird. Das Café mit Herz hat vermutlich die größte Wirkung erzielt: Der Treff ist konstant gut besucht, neue Freundschaften bilden sich, Unternehmungen abseits des Cafés werden geplant – und der Sonntag ist nun wieder ein schöner Tag!
Erfahrungsbericht
Alle Angebote lassen sich unserer Meinung nach ganz leicht auf andere Orte übertragen. Man benötigt nur gute Räumlichkeiten, teilweise die Möglichkeit, Kaffee zuzubereiten bzw. Geschirr und vor allem engagierte Menschen, die die Planung und Durchführung dieser Angebote in die Hand nehmen. Unserer Erfahrung nach ist die Nachfrage nach solchen Angeboten sehr groß, sodass es auch nur wenig Öffentlichkeitsarbeit braucht. Umso wünschenswerter wäre auch die Nachahmung bzw. Übertragung, denn der Bedarf nach Gemeinschaft, Austausch und guten Gesprächen besteht sicher nicht nur in Greifswald. Besonders für die "Sprech-Stunde" bedarf es jedoch einer guten Planung mit den Ehrenamtlichen: Notfallnummern und Hilfsangebote müssen zusammengetragen und die Themen "Gesprächsführung" und "Zuhören" müssen gut vorbereitet werden.