Das Zusammenkommen von Menschen verschiedenen Alters im Offenen Treff ermöglicht den informellen Austausch untereinander und wird damit dem niedrigschwelligen Ansatz der Mehrgenerationenhäuser gerecht. „Der Offene Treff ist nicht nur ein Angebot, sondern vielmehr eine Methode. Hier können vor allem informelle Bildung und auch emotionale Unterstützung vermittelt werden", sagt Ute Latzel, Koordinatorin im Mehrgenerationenhaus Bad Nauheim und zertifizierte Trainerin für Schulungen für Gastgeberinnen und Gastgeber. So werden im Offenen Treff vor allem persönliche Erfahrungen ausgetauscht und dadurch Netzwerke gegründet. Durch das Gespräch mit anderen Besucherinnen und Besuchern können Synergien geschaffen und Kompetenzen jeder und jedes Einzelnen erkannt werden.
Zentrale Funktion des Offenen Treffs
Eine zentrale Rolle im Offenen Treff nehmen die Gastgeberinnen und Gastgeber ein: Sie treffen als erste auf die Besucherinnen und Besucher, leben die Idee der Offenheit und Niedrigschwelligkeit im Haus vor und repräsentieren das Mehrgenerationenhaus. So ist es einerseits ihre Aufgabe, Ansprechpartner für Fragen und Informationen zum Konzept der Mehrgenerationenhäuser zu sein. Andererseits sind sie dafür da, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, die Menschen mit ihren persönlichen Anliegen und Problemen kennenzulernen und mit anderen Nutzerinnen und Nutzern zu vernetzen. „Eine gute Gastgeberin bzw. ein guter Gastgeber hat ein hohes Interesse an den individuellen Bedürfnissen der Besucherinnen und Besucher, um gezielte Anknüpfungspunkte zwischen den Gästen zu schaffen. Dies ist eine grundlegende Voraussetzung für ein gutes Mit- und Füreinander im Haus", erklärt Ute Latzel. Der Offene Treff zeigt sich damit als wichtige Anlaufstelle für alle Gäste, die zum ersten oder zum wiederholten Mal ein Mehrgenerationenhaus besuchen. Wenn sich die Besucherinnen und Besucher dort wohl und willkommen fühlen, ist meist der erste Schritt für eine aktive Nutzung des Hauses geschafft. „Viele Nutzerinnen und Nutzer der Mehrgenerationenhäuser erreichen wir zunächst über die Angebote des Offenen Treffs und können sie dort für weitere Angebote im Haus begeistern. Einige von ihnen können wir dabei so sehr aktivieren, dass sie eigene Kurse je nach ihren Kenntnissen und Fähigkeiten anbieten und dem Haus lange Zeit verbunden bleiben", freut sich Ute Latzel.
Aktivierende Schulung für Gastgeberinnen und Gastgeber
Um zu lernen, wie man für die Besucherinnen und Besucher des Offenen Treffs eine Willkommensatmosphäre sowie eine gemütliche Umgebung für Austausch und Angebote schafft, fanden im Oktober und November 2014 im Mehrgenerationenhaus Salzgitter zwei Schulungen statt. An je zwei Tagen wurden den jeweils etwa 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Gruppenarbeiten und gemeinsamen Auswertungen im Plenum verschiedene Methoden und Handlungsmöglichkeiten für den Offenen Treff vermittelt. „Die Schulungen beabsichtigen keine reine Wissensvermittlung, sondern zielen eher auf die Weitergabe einer Haltung an die Gastgeberinnen und Gastgeber ab", sagt Ute Latzel, die mit ihrer Kollegin Jasmin Limpächter beide Schulungen als Trainerin durchgeführt hat. Dabei kommt es insbesondere darauf an, den Gästen im Offenen Treff eine ansprechende Atmosphäre zu bieten, ihnen auf Augenhöhe zu begegnen und sie wertschätzend zu behandeln.
Die Schulungen werden vor allem auf die praktische Umsetzung in den eigenen Einrichtungen ausgelegt und sollen die Funktionen und Aufgaben des Offenen Treffs aus verschiedenen Blickwinkeln aufzeigen. „In der Schulungsreihe nutzen wir die ‚Storyline-Methode', mit der anhand einer Geschichte beispielsweise die Gründung eines Offenen Treffs in einem Mehrgenerationenhaus erklärt wird. Die Geschichte wird in mehrere Abschnitte geteilt und zieht sich wie ein roter Faden durch die beiden Schulungstage", erklärt Ute Latzel. Mithilfe verschiedener Praxisübungen und thematischer Gruppenarbeiten werden in den Schulungen Antworten auf zahlreiche Fragestellungen zum Offenen Treff erarbeitet und diskutiert. Diese reichen von der Einrichtung und Dekoration der Räumlichkeiten über dort angesiedelte Angebote bis hin zu Lösungsvorschlägen für konkrete Situationen mit Besucherinnen und Besuchern.
Perspektivenwechsel für individuelle Antworten
Insbesondere die Simulationen bieten eine gute Möglichkeit, den Offenen Treff auch aus anderen Perspektiven zu betrachten. „Durch die angewandten Praxisübungen in der Schulung konnte ich meinen Blickwinkel als Gastgeberin für kurze Zeit vergessen und mich auch einmal in die Sicht eines Gastes, wie Oma Erna oder ein Schulkind, begeben. In einer Gruppe eine andere Rolle einzunehmen, stellt vielleicht anfangs eine Überwindung dar, hat aber tolle Auswirkungen auf die Erweiterung des eigenen Horizonts", sagt Marion Surrey, Koordinatorin des Mehrgenerationenhauses Bad Neuenahr-Ahrweiler und Schulungsteilnehmerin. Anhand der fiktiven Geschichten, die sich im Verlauf der Schulungen weiterentwickeln, können die Teilnehmenden Inspirationen und Tipps für die Gestaltung des eigenen Alltags im Offenen Treff mitnehmen. Diese Transferleistung ist ein wichtiger Bestandteil der Schulungsmethode.
Nach der Schulung sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in ihrer Haltung gestärkt und können den Offenen Treff mit neuen Anregungen gestalten. „Ein wichtiger Aha-Effekt in den Schulungen konnte dadurch erzeugt werden, dass die Aktivierung der Besucherinnen und Besucher für eine regelmäßige Nutzung der Mehrgenerationenhäuser nicht zwingend die Teilnahme an Angeboten oder das Anbieten eigener Projekte bedeuten muss. Häufig sind es auch die kleinen Schritte, mit denen die Nutzerinnen und Nutzer in die tägliche Arbeit des Hauses eingebunden werden können", sagt Ute Latzel. Für eine erfolgreiche Arbeit im Offenen Treff ist es daher besonders wichtig, den Besucherinnen und Besuchern mit einer Willkommenskultur und Wertschätzung zu begegnen – dies gilt für jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter im Mehrgenerationenhaus, da jede und jeder die oder der erste Ansprechpartner für einen neuen Gast sein kann. „In der Schulung habe ich auch gelernt, dass ich als Koordinatorin die Aufgabe habe, alle Beschäftigten im Mehrgenerationenhaus inhaltlich auf einen Stand zu bringen und sie zu unterstützen. Über der Vielzahl an Besucherinnen und Besuchern darf das eigene Team nicht vergessen werden und muss ebenso Anerkennung erfahren – allen voran die zahlreichen Freiwillig Engagierten, die sich im Offenen Treff beteiligen", sagt Marion Surrey.