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Wie Mehrgenerationenhäuser Angebote umsetzen: Neues aus den Häusern

Gärtnern, Bauen, Lernen – Kinder und Jugendliche im Mehrgenerationenhaus Nordhorn

Im Mehrgenerationenhaus Nordhorn in Niedersachsen bewirtschaften Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit Freiwillig Engagierten den Schulgarten, Jugendliche beteiligen sich am Bau eines offenen Bücherschranks und ein besonderer junger Mann macht online seinen Schulabschluss.

Auf dem Foto sind Kinder am Bienenstock abgebildet. Sie tragen Imkerkleidung. Im Hintergrund stehen Erwachsene Freiwillig Engagierte.

Es ist Freitag und im Garten des Mehrgenerationenhauses Nordhorn wird gegraben, gerupft und gegossen: Rund 20 Kinder und Jugendliche treffen sich jeden zweiten Freitag im Schulgarten 2.0, um ihre Beete in Schuss zu halten.
Das Projekt Schulgarten 2.0 wurde geboren, nachdem der Obstgarten des Mehrgenerationenhauses vom Sturm Kyrill zerstört wurde und der Schulgarten des Gymnasiums Nordhorn dem Mensaneubau weichen musste. „Wir haben früher schon sporadisch mit dem Gymnasium zusammengearbeitet", erzählt Anke Plümers, die Koordinatorin des Mehrgenerationenhauses. „Die Schülerinnen und Schüler haben in unserem Eichenwäldchen Nistkästen angebracht. Als die Schule dann einen neuen Garten brauchte, haben wir gern die ehemalige Obstwiese zur Verfügung gestellt."
Maximal drei Schülerinnen und Schüler bearbeiten jeweils als Paten ein Beet, Unterstützung bekommen sie durch Freiwillig Engagierte. „Zu unserem Sommerfest wird dann jeweils das beste Beet von einer Jury ausgewählt und erhält einen Preis", berichtet Plümers. „Beim Gärtnern lernen die Jugendlichen nicht nur Wichtiges für den Biologieunterricht, sondern auch, was Gemeinschaft und Verlässlichkeit heißen. Sie sehen, dass Erwachsene sich ehrenamtlich engagieren, ihnen helfen, sich mit ihnen verabreden und dann auch da sind. Das bereitet einen guten Boden dafür, sich auch selbst zu engagieren."

„Verlässlichkeit ist im Garten immer gefragt!“, ergänzt die Biologielehrerin, Susanne Munk, bei einem Rundgang durch die Beete, in denen die Frühblüher in diesen Tagen um die Wette leuchten. „Wer nicht stetig und fleißig in den zugeteilten Flächen ackert, dem wächst das Beikraut schnell über die Ohren. Und da die Schülerinnen und Schüler im Team arbeiten, gehört es einfach dazu, dass alle möglichst regelmäßig erscheinen und die eigenen Beetpartner nicht mit der Arbeit allein lassen.“
Neben dem Schulgarten betreuen die Schülerinnen und Schüler auch noch Bienenvölker auf dem Gelände. Das Treiben der Bienen wird über eine Webcam in den Klassenraum und in den Offenen Treff des Mehrgenerationenhauses übertragen.
 „Freitags draußen an der frischen Luft in seinem Beet zu arbeiten, ist eine tolle Abwechslung zur trubeligen Schulwoche!“, hält Benjamin, ein Schüler aus der neunten Klasse, fest. Das MGH-Gelände mit der großen Rasenfläche, dem angrenzenden kleinen Wäldchen und eben dem Schul- und Bienengarten wirkt dann wie eine kleine Oase.

Das Lernen beschränkt sich in Nordhorn aber nicht nur auf den Schulgarten. Während draußen gegossen wird, lernt Daniel Mathe in seinem sehr speziellen Klassenraum und will später weiter an dem neuen „öffentlichen Bücherregal“ bauen. Daniel ist 16 Jahre alt und über die Autismus-Ambulanz, die auch von Anke Plümers geleitet wird, ins Mehrgenerationenhaus gekommen. „Daniel baut schon seit einem Jahr an unserem offenen Bücherschrank mit. Das ist ein kleines Fachwerkhaus, in das wir Bücher zum Tauschen oder Mitnehmen stellen werden", erzählt Plümers. Der junge Mann hat durch die handwerkliche Arbeit viel gelernt. „Sein Selbstbewusstsein ist ganz enorm gestiegen, da er erlebt hat, dass man seiner Arbeit und seinem Können Vertrauen schenkt."
Daniel konnte nicht an einer Regelschule unterrichtet werden. Seine Eltern, Therapeuten und die Leiterin des Mehrgenerationenhauses haben sich deshalb dafür eingesetzt, dass er seine Schulzeit über eine sogenannte Onlinebeschulung abschließen kann. Er kommt nun jeden Morgen ins Mehrgenerationenhaus, macht seinen Computer an und betritt so sein digitales Klassenzimmer. „Für Daniel ist das eine Riesenchance und er weiß, dass er bei uns im Mehrgenerationenhaus jederzeit Hilfe findet, wenn er sie braucht", so Anke Plümers.

Oft ist es für Mehrgenerationenhäuser schwierig, Jugendliche zu erreichen. „Bei uns ist das auch so", erzählt die Koordinatorin, „die Jugendlichen haben durch Ganztagsschule und Kurse gar keine Zeit auch noch ins Mehrgenerationenhaus zu kommen." Das Mehrgenerationenhaus Nordhorn hat sein Angebot für Kinder und Jugendliche auch schon mehrfach komplett umgestellt, da die Bedürfnisse vor Ort sich schnell ändern können. „Wir haben zeitweise sehr viele Angebote für Schulkinder gehabt, aber die Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfe werden nun von den Schulen fast komplett abgedeckt. Dafür war dann plötzlich wieder die Kleinkindbetreuung dringend notwendig", berichtet Plümers. Es wird deutlich, dass eine enge Absprache mit Kommune, Schulen und Kitas sehr wichtig ist, um hier schnell reagieren zu können.
Anke Plümers` Tipp, um Kinder und Jugendliche mit den Angeboten des Mehrgenerationenhauses zu erreichen, ist vor allem, dass man in die Schulen und Vereine gehen muss, damit die Angebote auch bekannt werden. „Die Kinder aus dem Schulgarten 2.o bleiben kleben", sagt Plümers lachend. „Sie nutzen nach dem Unterricht die Kreativangebote, die Werkstatt oder bleiben einfach im schönen Außengelände des Hauses.“ Auf die Frage, warum sie dem Projekt Schulgarten schon seit Jahren treu bleibe, versichert Anika aus Klasse 10: „Spaß und frische Luft bei der Beetarbeit ist die beste Methode, mit der man eine anstrengende Schulwoche abschließen kann.“