Logo Mehrgenerationenhaus - Startseite des Bundesprogramms Mehrgenerationenhäuser
Engagiertenporträts

Kirsten Koch

„Oft setzen wir unseren ganzen Körper ein, um zu kommunizieren“

Die pensionierte Lehrerin Kirsten Koch und ihre Kolleginnen helfen mit ihrem Sprachkurs beim Einstieg in die deutsche Sprache. Was das Ehrenamt im Mehrgenerationenhaus Salzgitter ihr bedeutet und wie sich Sprachbarrieren überwinden lassen.

© Privat

Wann haben Sie beschlossen, sich ehrenamtlich im Mehrgenerationenhaus zu engagieren und warum?

Ich habe über 40 Jahren als Lehrerin gearbeitet. Doch schon ein Jahr nach meiner Pensionierung ist mir klargeworden: Ich kann nicht nur zuhause rumsitzen. Zunächst habe ich deshalb ehrenamtlich in meiner alten Schule ausgeholfen, allerdings nur für einige Zeit. Es gab dort zu viele organisatorische Probleme. Als dann 2016 viele syrische Flüchtlinge nach Salzgitter gekommen sind, hatte ich eine Idee: Wir wollten Deutschunterricht für geflüchtete Menschen anbieten. Also ging ich auf das Mehrgenerationenhaus zu und erzählte ihnen davon. Das Team war begeistert und in Nullkommanichts konnten wir mit unserem Ehrenamt starten.

Wie sieht Ihr Angebot konkret aus und wer nutzt es?

Wir bieten unseren Sprachkurs zweimal in der Woche für jeweils eine Stunde an. Wir, das sind drei weitere Kolleginnen und ich. Die Stunden halten wir immer zu zweit: Eine von uns leitet die Runde, die andere gibt Hilfestellung bei den Aufgaben. Wir wissen, dass zwei Stunden in der Woche zu wenig sind. Denn die Nachfrage ist mit Beginn des Ukraine-Krieges wieder deutlich gestiegen. Hauptsächlich nutzen Frauen unser Angebot – einige kommen aus Syrien, aktuell haben wir natürlich auch sehr viele Ukrainerinnen. Die Frauen sind sehr jung, im Durchschnitt Mitte 30. Sie haben ganz unterschiedliche Geschichten und Ausbildungen. Wir könnten mit unseren Schülerinnen ein ganzes Dorf mit Berufen versorgen. Unter ihnen gibt es Schneiderinnen, eine Kardiologin, Polizistinnen, eine Anwältin, Apothekerin und so weiter.

Auf welche Schwierigkeiten und Herausforderungen stoßen Sie bei Ihrer Tätigkeit?

Die größte Herausforderung sind die Kapazitäten. Viele Menschen möchten unser Angebot nutzen, ihr Sprachniveau variiert dabei sehr stark. Während die einen mit den Grundlagen in Deutsch starten müssen, können andere bereits erste Gespräche führen. Wir versuchen, auf jede Schülerin einzugehen, aber das ist bei der begrenzten Zeit schwierig. Damit einher geht immer der Abwägungsprozess, neue Leute aufzunehmen: Holen wir Interessierte in den Kurs und starten wieder ab Null? Oder vertrösten wir sie auf später, damit die derzeitige Klasse vorankommt? Ein großes Hindernis ist auch, dass wir keine gemeinsame Sprache haben, um uns zu verständigen. Oft setzen wir unseren ganzen Körper ein, um zu kommunizieren. Das schafft immer lustige Situationen.

Was gibt Ihnen Ihr Ehrenamt persönlich zurück und welche Bedeutung hat es für die Menschen?

Durch mein Ehrenamt komme ich morgens aus dem Haus und bin Teil einer kleinen Gemeinschaft. Das ganze Team kennt sich gut untereinander und alle arbeiten Hand in Hand. Wenn ich etwas für den Unterricht brauche, wird es schnell und unbürokratisch möglich gemacht. Dadurch fühle ich mich sehr gut aufgehoben im Mehrgenerationenhaus und unsere Schülerinnen auch. Unsere Klassen zeigen uns nach jeder Stunde, wie dankbar sie für unsere Unterstützung sind. Es wird akzeptiert und gesehen, was meine Kolleginnen und ich leisten. Ich habe durch mein Ehrenamt neue Beziehungen geknüpft. Es sind sogar enge Freundschaften entstanden, die mich nun auch im Privaten bereichern. Damit geht es nicht nur mir so. Durch unsere Kurse finden die Schülerinnen besser in die neue Sprache und Kultur. Es geht aber auch darum, dass sie jede Woche zusammenkommen und sich untereinander austauschen können. Wir halten unser Angebot niedrigschwellig. Es ist okay, Fehler stehen zu lassen. Es geht darum, ein erstes Selbstbewusstsein mit der deutschen Sprache zu entwickeln und das funktioniert gut.

Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?

Ich bin Feuer und Flamme für mein Ehrenamt, genauso wie meine drei Kolleginnen. Auch wenn es viel Zeit und Arbeit bedeutet, gibt es mir Aufschwung, wichtige Impulse und Zufriedenheit. Wir wollen unser Angebot also so lange fortsetzen, wie es geht. Die Nachfrage ist hoch und das wird voraussichtlich auch in den nächsten Jahren so bleiben. Wir würden uns deshalb sehr über weitere Menschen freuen, die uns unterstützen möchten. Und wir sind dankbar über jeden, der sich für ein Ehrenamt interessiert und bereit ist, konsequent und zuverlässig Teil des Mehrgenerationenhauses zu sein.

Zur Person

Auch Kirsten Koch lernt einiges während der gemeinsamen Sprachstunden. Eine wichtige Erkenntnis: In der Ukraine bringt man als Dankeschön etwas auf den Teller. Sei es ein klassisch deftiges Gericht aus der Heimat oder ein süßer Snack. Über eines sind sich die Frauen dabei kulturübergreifend einig: Kalorien sind nicht der Rede wert.

Lust, sich zu engagieren?

Finden Sie Ihr Mehrgenerationenhaus!

Zur Suche