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Engagiertenporträts

Julia Schabalin

„Mir ist wichtig, dass sich hier alle sicher fühlen“

Alle vierzehn Tage treffen sich queere Menschen im Café Pride des Mehrgenerationenhauses Offenburg. Julia Schabalin hat das Angebot ins Leben gerufen. Im Interview berichtet sie vom Engagement für ihr Herzensprojekt.

Hand hält von links eine Regenbogenfahne ins Bild, im Hintergrund steht die Bar eines Cafés.
© BMFSFJ

Wie ist das Café Pride entstanden?

Nachdem ich häufiger auf queeren Events in Freiburg war, habe ich angefangen, mich in Offenburg unwohl zu fühlen. Mir hat die Offenheit gefehlt, die ich bei den Veranstaltungen gespürt habe. Die Idee, auch bei uns einen Anlaufpunkt für queere Menschen zu schaffen, begann zunächst als Tagtraum. Irgendwann habe ich den Entschluss gefasst, ihn in die Tat umzusetzen. Als ich mit meinem Vorschlag für das Café Pride auf das Mehrgenerationenhaus zugegangen bin, habe ich sofort sehr viel Unterstützung erhalten. Hier konnte ich eine bereits bestehende Infrastruktur nutzen. Die Räumlichkeiten habe ich so zum Beispiel umsonst zur Verfügung gestellt bekommen, wofür ich sonst vielleicht erst noch Geld hätte sammeln müssen. Das hat mir sehr geholfen.

Wie läuft ein typischer Abend im Café Pride ab?

Wir fangen immer um 18 Uhr an. Ich bringe die ganzen Getränke mit ins Mehrgenerationenhaus, die wir über Spendengelder finanzieren. Oft mache ich vorher auch einen Teig, aus dem wir dann vor Ort Kuchen oder Kekse backen. In den Gesprächen untereinander geht es meistens um die persönlichen Hobbys, Interessen und Freizeit-Erlebnisse – und hin und wieder natürlich auch um die negativen Erfahrungen aufgrund des Queerseins. Ganz so viel bekomme ich davon aber tatsächlich gar nicht mit. Da ich aus dem Autismus-Spektrum komme, ist es mir im Café schnell zu laut. Ich ziehe mich dann in die Küche zurück, wo ich mich um die Getränke kümmere. Manchmal bekomme ich Gesellschaft von Menschen, die auch einen ruhigeren Ort als Rückzug suchen. Dann kommen wir dort ins Gespräch. Um kurz vor Mitternacht gehen alle nach Hause.

Welche Atmosphäre möchten Sie im Café Pride schaffen?

Das Café Pride gibt es erst seit dem 10. August 2023. Wir befinden uns noch im Aufbau. Mir ist es aber auch jetzt schon wichtig, dass sich hier alle sicher fühlen. Die Teilnehmenden sollen nicht das Gefühl haben, beurteilt zu werden, sondern dass sie willkommen sind, wie sie sind. Sie haben hier einen Raum, in dem sie sich austauschen und durch den Zusammenhalt mehr Selbstbewusstsein entwickeln können. Das ist im Alltag nämlich nicht unbedingt so einfach. Durch verschiedene Erlebnisse fühlen sich queere Personen verunsichert. Zum Beispiel hat zuletzt jemand Sticker mit der Pride-Flagge an verschiedenen Stellen in der Stadt aufgehangen. Andere haben die wieder abgerissen oder mit Stickern überklebt, die sich gegen den queeren Lebensstil richten. 

Warum ist es Ihnen so wichtig, sich für das Café Pride zu engagieren?

Mir ist es ein großes Anliegen, dass es einen sicheren Ort für queere Menschen gibt. Ich möchte etwas gegen die Ungerechtigkeit machen, die viele von ihnen erleben – im Alltag, in der Öffentlichkeit, aber teilweise auch in der eigenen Familie. Das ist für mich erfüllend. Darüber hinaus lerne ich viel dadurch, dass ich das Angebot umsetze. Die Kommunikation mit anderen fällt mir durch meinen Autismus-Hintergrund etwas schwer. Der Kontakt zu so vielen neuen Gesichtern im Café Pride stellt mich vor eine Herausforderung, die ich aber brauche, um mich weiterzuentwickeln. Und ich suche immer wieder neue Rezepte für Getränke und Backwaren heraus, die meine Fähigkeiten in der Küche erweitern.

An welche Situation aus dem Café Pride denken Sie besonders gerne zurück?

Ich kann da gar nicht ein einzelnes Ereignis hervorheben. Mich macht mehr die Erfahrung glücklich, wie froh und dankbar die Menschen sind, dass es dieses Angebot gibt. Manche von ihnen kommen immer wieder. Andere schaffen es aufgrund der Arbeit oder anderer Verpflichtungen nicht. Und es finden auch immer wieder mal neue Gesichter ihren Weg zu uns. Es ist schön zu sehen, wie sie sich alle respektieren, freundlich begrüßen und offen füreinander sind. 

Zur Person
Julia Schabalin ist 31 Jahre alt. Die Bedarfe der queeren Community liegen ihr aus persönlichen Gründen am Herzen, weil sie sich selbst dieser als zugehörig ansieht. Im Mehrgenerationenhaus hat sie einen Ort gefunden, an dem sie sich nach ihren persönlichen Vorstellungen für queere Menschen einsetzen kann.

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