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Engagiertenporträts

Ahmed Saber Mahmud

„Für die Menschen bin ich mehr als der Übersetzer“

Ahmed Saber Mahmud hilft als ehrenamtlicher Sprachlotse im Mehrgenerationenhaus Rietberg. Im Interview erzählt er, warum es in seinem Ehrenamt um mehr als die richtige Übersetzung geht.

Porträtfoto von Ahmed Saber Mahmud, einem mit dunklen Haaren, Bart und einem weißen Hemd
© Privat

Wie kam es dazu, dass Sie Sprachlotse geworden sind?

Ich hatte im Jahr 2011 einen schweren Arbeitsunfall. Seitdem bin ich berufsunfähig. Mir war es trotzdem wichtig, in meinem Alltag etwas Sinnvolles zu tun und meinen Beitrag zu leisten. Ich kenne Martin Hillemeyer, den Koordinator vom Mehrgenerationenhaus Rietberg, schon sehr lange. Er hat damals zu mir gesagt: „Ahmed, du hast jetzt etwas Zeit übrig und sprichst viele Sprachen. Das kannst du nutzen!“ Kurze Zeit später habe ich bereits den Kurs für Sprachlotsen in Gütersloh absolviert. Mittlerweile engagiere ich mich schon seit sechs Jahren als Sprachlotse.

Wie können Interessierte Ihr Angebot nutzen?

Das geht über zwei Wege, beide sind sehr leicht. Im Internet findet man für den Kreis Gütersloh den ehrenamtlichen Sprachlotsen-Pool. Er zeigt, welche Sprachen an welchem Wohnort angeboten werden. Menschen, die das Angebot nutzen möchten, suchen also zunächst die Sprache und finden so den Kontakt, der für ihren Wohnort angegeben ist. Sie  können dann ganz einfach eine Sprachlotsin oder einen Sprachlotsen online buchen oder telefonisch Kontakt aufnehmen. Martin Hillemeyer nimmt die Anrufe entgegen und leitet die Buchungen an mich weiter. Ich versuche immer, alle Anfragen terminlich möglich zu machen. Meistens gelingt mir das auch.

Welche Menschen unterstützen Sie und in welchen Bereichen helfen Sie als Sprachlotse?

Am häufigsten unterstütze ich Menschen, die gerade erst nach Deutschland gekommen sind und deswegen die Sprache noch nicht beherrschen. Ich biete die Sprachen Kurdisch (Sorani und Kurmanci), Arabisch und Türkisch zur Übersetzung an. Viele nutzen mein Angebot aber auch, obwohl sie schon sehr lange in Deutschland leben. Manchmal fällt es ihnen trotzdem noch schwer, Deutsch zu sprechen. Oder sie fühlen sich nicht sicher genug, um wichtige Besprechungen in einer Fremdsprache zu meistern. Dabei helfe ich dann. Oft begleite ich Termine bei Ämtern. Die Themen, die dort besprochen werden, sind kompliziert. Es kommt aber auch vor, dass ich bei Gesprächen in Schulen, im Kindergarten oder zum Bespiel mit der Caritas übersetze.

Vor welchen Herausforderungen stehen Sie als Sprachlotse?

Die Termine, die ich begleite, können sehr emotional werden. Oft haben die Menschen, die meine Unterstützung in Anspruch nehmen, ihr Heimatland unter schwierigen Umständen verlassen. Und auch in Deutschland stehen sie vor lauter Herausforderungen: eine fremde Sprache, ein anderes Klima, eine völlig neue Kultur und ein komplett anderer Lebensalltag. Viele sind verunsichert, manchmal auch wütend oder haben Angst. Sie müssen sich in fremde Situationen begeben und das ist nicht leicht. Deswegen bin ich für viele nicht nur der „Übersetzer“, sondern auch jemand, der sie versteht und dem sie sich anvertrauen. Ich muss immer einen klaren Kopf bewahren und versuche, die Emotionen der Leute aufzufangen. Ich erkläre ihnen genau, was passiert, welche Anforderungen an sie gestellt werden und warum. Gleichzeitig muss ich klare Grenzen setzen. Denn ich darf als Sprachlotse nicht jederzeit übersetzen. Amtliche Briefe, Besuche bei der Polizei oder beim Arzt fallen nicht in meinen Verantwortungsbereich. Oft verstehen die Menschen das nicht. „Immer cool bleiben“, ist dann meine Devise. Ich habe im Sprachlotsen-Kurs aber auch genau gelernt, wie ich mit diesen Situationen umgehen muss.

Was bedeutet das Ehrenamt für Sie?

Ich kann mit meiner Tätigkeit Leute zusammenbringen, die eigentlich aus völlig verschiedenen Welten kommen. Ich kenne beide Welten und kann mit meinen Sprachkenntnissen vermitteln. Das macht sehr großen Spaß und gibt mir ein gutes Gefühl. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie erleichtert die Menschen sind, wenn sie endlich etwas verstehen oder wenn ein Konflikt, vor dem sie Angst hatten, doch ganz leicht aus dem Weg geräumt werden kann. Mich macht es glücklich, wenn die Augen, die mich vor einem Termin noch völlig ratlos angeschaut haben, danach entspannt und glücklich aussehen. Für mich ist das Ehrenamt eine Herzensangelegenheit. Ich bin selbst vor 20 Jahren aus dem Irak nach Deutschland geflüchtet und weiß, wie schwierig es ist, in einem fremden Land zurecht zu kommen. Da geht es nicht nur um Sprache, sondern um so viel mehr. Ich habe einen besonderen Draht zu den Leuten und mein Ehrenamt gibt mir das Gefühl, dass ich wirklich etwas in ihrem Alltag bewirken kann.

Zur Person

Ahmed Saber Mahmud ist seinen Mitmenschen nicht nur als Sprachlotse eine große Unterstützung. Neben dem Ehrenamt pflegt er seine schwer demenzkranke Mutter. Als Ausgleich treibt er Sport – aber nicht im Studio, sondern draußen in der Natur.

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