Logo Mehrgenerationenhaus - Startseite des Bundesprogramms Mehrgenerationenhäuser
Gemeinsam statt einsam – Wie Mehrgenerationenhäuser Einsamkeit begegnen

Blick in die Praxis: „Wir tun alles, was gute Nachbarinnen und Nachbarn auch tun würden“

Die Nachbarschaftshilfe im Mehrgenerationenhaus Forchheim bringt Hilfesuchende und Helfende zusammen. Doch das Angebot wirkt auch gegen Einsamkeit. Vom Glück füreinander da zu sein.

Zwei ältere Damen sitzen zusammen am Tisch und trinken Kaffee.
© Mehrgenerationenhaus Forchheim

Hilfe brauchen wir alle mal – gut, wenn es Nachbarinnen und Nachbarn gibt, die einem unter die Arme greifen. So wie in der Nachbarschaftshilfe des Mehrgenerationenhaus Forchheim in Oberfranken. Das Prinzip ist einfach: Wer etwas braucht, ruft bei Anita Klier an. Die ehrenamtliche Koordinatorin bringt Helfende und Hilfesuchende zusammen. Das Hilfegesuch teilt sie in einer Whats-App-Gruppe mit den Engagierten. Sie haben 24 Stunden Zeit, darauf zu reagieren – und schon kann’s losgehen.

Doch um welche Hilfe geht es? „Eigentlich geht es um alles, was Nachbarinnen und Nachbarn füreinander tun würden. Und es geht auch um Einsamkeit.“, erzählt Kathrin Reif, Leiterin des Mehrgenerationenhauses. Sie rief die Nachbarschaftshilfe 2019 ins Leben. Mal ist es die Einkaufshilfe, die sich noch Zeit für einen Plausch nimmt. Oder der Fahrdienst, der die alte Dame nicht nur am Friedhof absetzt, sondern sie bis zum Grab begleitet. Und manchmal auch der handwerklich begabte Rentner, der den krummen Küchenschrank wieder geraderückt und mit dem man über alte Zeiten plaudert.

Niemand muss sagen, dass sie oder er einsam ist

Zwar steht die praktische Hilfe erstmal im Fokus. Doch nebenbei ergibt sich ein Gespräch, entstehen menschliche Nähe und Anteilnahme. Die Nachbarschaftshilfe bringt Menschen zusammen – und das ganz unkompliziert über ein Anliegen, das diese am Telefon schildern. Niemand muss sagen, dass sie oder er einsam ist. Der Rest ergibt sich von selbst. Und manchmal werden auch lange Freundschaften aus der eigentlich kurzfristig gedachten Hilfe. So wie bei einem blinden, älteren Herrn, den eine Ehrenamtliche über zwei Jahre bis zu seinem Tod regelmäßig besuchte.

Zwar sind die Hilfesuchenden überwiegend Seniorinnen und Senioren. Doch das Angebot ist offen für alle, die Unterstützung brauchen. Ebenso bunt wie die Anliegen der Hilfesuchenden ist der Helferkreis. Hier reicht die Altersspanne von 22 bis 82 Jahren, wobei der Großteil ältere Menschen sind, die nach dem Berufsleben eine neue Perspektive suchen. „Was alle verbindet, ist die Neugierde auf Menschen und natürlich die Lust, zu helfen. Viele denken auch: ‚Jetzt kann ich noch etwas geben, vielleicht brauche ich selbst einmal Hilfe‘“, sagt Reif.

Im Vergleich zu vielen anderen ehrenamtlichen Tätigkeiten ist die Nachbarschaftshilfe sehr flexibel. Alle machen, was und so viel sie möchten und können sich ihre Zeit selbst einteilen. Und Flexibilität heißt auch, dass aus dem Einkaufsservice manchmal ein gemeinsamer Einkauf mit einer anschließenden gemeinsamen Tasse Kaffee wird. Mit der Nachbarschaftshilfe ist vieles möglich.

Was ist bei der Organisation einer Nachbarschaftshilfe zu beachten?

Wir haben Kathrin Reif nach ihren Tipps gefragt: „Es ist wichtig, sich mit den Konkurrenzangeboten vor Ort auseinanderzusetzen und sie mit ins Boot zu holen. Wir sind zum Beispiel auf das Taxigewerbe und den Lieferservice eines Supermarktes zugegangen und haben ihnen erzählt, was wir mit dem Angebot vorhaben. Denn es geht uns darum, Lücken zu füllen. Inzwischen packt der Supermarkt die Lebensmittel für die Helfenden zusammen und sie können sie direkt ans Ziel bringen. Und natürlich muss ein Angebot, das sich vor allem an ältere Menschen richtet, vertrauenswürdig sein. Der Seniorenbeirat war hier ein wichtiger Brückenbauer für uns.“