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Gut beraten in den Mehrgenerationenhäusern

Zusammen stark: „Die Teilnehmenden haben deutlich weniger Scheu, über finanzielle Probleme zu sprechen“

Menschen mit Migrationshintergrund niedrigschwellig zum Thema Energiekosten beraten – dieses Ziel sind das Mehrgenerationenhaus St. Matthias in Mayen in Rheinland-Pfalz und die Verbraucherzentrale mit einem Vortrag gemeinsam angegangen.

Frau Breitbach, der Vortrag zum Thema Energiekosten hat im Rahmen des Cafés International des Mehrgenerationenhauses stattgefunden. Was sind die Ziele des Angebots?

Susanne Breitbach: Das Café International findet seit 2015 wöchentlich statt und ist ein Ort der Begegnung. Menschen mit und ohne Migrationshintergrund können sich hier in gemütlicher Atmosphäre treffen, miteinander austauschen und sehr niedrigschwellig beraten lassen. Es sind immer Vertreterinnen und Vertreter vom Fachdienst Migration vor Ort, mit denen die Besucherinnen und Besucher ihre Anliegen direkt besprechen können. Auch die Flüchtlingskoordinatorin, der Vorsitzende des Beirats Migration und Integration sowie Beraterinnen und Berater der Flüchtlingshilfe Mayen e. V. schauen als Kooperationspartnerinnen und -partner regelmäßig vorbei, um Rede und Antwort zu stehen. Menschen, die schon länger hier wohnen, kommen immer noch gerne vorbei und helfen oft bei der Übersetzung.

Wie kam es dazu, die Energiekostenberatung im Café International anzubieten?

Susanne Breitbach: Der Diözesanverband Trier e. V. stellt in diesem Jahr im Rahmen eines Hilfefonds finanzielle Mittel für die Unterstützung von Menschen bei den Energiekosten bereit. Damit können wir Soforthilfe leisten, aber auch Informationsangebote umsetzen. Als ich mich auf die Suche nach einem Kooperationspartner dafür gemacht habe, bin ich auf Herrn Weis von der Verbraucherzentrale aufmerksam geworden. Gemeinsam haben wir zunächst verschiedene Vorträge im Mehrgenerationenhaus sowie mit Kooperationspartnern außerhalb umgesetzt. Dann habe ich mich an den Fachdienst Migration als Mitveranstalter des Cafés gewendet und gefragt, ob wir auch dort neben unserer normalen Einzelfallberatung einmal eine solche Veranstaltung umsetzen wollen.

Thomas Weis: Wir als Verbraucherzentrale sind immer dankbar, wenn sich solche Möglichkeiten ergeben. Das erste Mal haben wir in den Jahren 2016 und 2017 gemerkt, dass präventive Maßnahmen in der Energiekostenberatung sinnvoll sind. Damals kamen viele Geflüchtete aus Syrien und Afghanistan nach Deutschland, die unser System der Energieversorgung nicht kannten und dadurch häufig ziemlich hohe Nachzahlungen hatten. Mit Informationsangeboten wollen wir verhindern, dass sich neu Ankommende hier direkt verschulden.

Wie lief die Zusammenarbeit zwischen Verbraucherzentrale und Mehrgenerationenhaus ab?

Thomas Weis: Im Vorfeld des Vortrags haben wir uns gut über die inhaltlichen Schwerpunkte abgestimmt. Wir richten unsere Vorträge immer nach der Zielgruppe und natürlich nach dem Wunsch des Veranstalters aus. Ein sehr wichtiger Aspekt ist immer, Stromfresser zu kennen. Das war auch hier der Fall. Besondere Anforderungen sind durch die Tatsache entstanden, dass der Vortrag in drei Sprachen übersetzt wurde. Da musste ich die Inhalte natürlich in kleinere Pakete aufteilen und kürzer sprechen, damit die Dolmetscherinnen Zeit hatten, das wiederzugeben.

Welche Rolle hat diese Übersetzung bei der Vermittlung der Inhalte gespielt?

Susanne Breitbach: Herr Weis hatte mir bei früheren Vorträgen schon erzählt, dass er immer wieder Fragen von Menschen mit Migrationshintergrund gestellt bekommt. Dann steht er oft vor der Herausforderung, dass er wegen der Sprachbarriere nicht ausreichend beraten kann. Da konnten wir natürlich eine Lösung bieten. Wir haben überlegt, welche Sprachen sinnvoll sind. Letztendlich haben wir die Veranstaltung ins Arabische, Persische und Russische übersetzt. Das sind im Grunde die Sprachen, mit denen wir die Besucherinnen und Besucher des Cafés International gut abdecken können. Die russische Übersetzung konnte eine Kollegin übernehmen, die anderen beiden Dolmetscherinnen konnten wir über den Energiehilfefond finanzieren.

Welche Vorteile bietet die Beratung im Mehrgenerationenhaus?

Thomas Weis: In erster Linie ist der Zugang zur Beratung dort deutlich niedrigschwelliger. Zum einen ist für viele die Anreise zur Verbraucherzentrale weiter. Zum anderen nehmen uns die Menschen häufig als Behörde wahr. Im Mehrgenerationenhaus finden die Ratsuchenden ein gewohntes Umfeld vor. Es gibt einen Kaffee oder einen Tee und sie kennen die Menschen dort. Diese Atmosphäre ist besonders für unser Thema wichtig. Die Teilnehmenden haben in so einem Umfeld deutlich weniger Scheu, über finanzielle Probleme zu sprechen.

Susanne Breitbach: Diese Niedrigschwelligkeit ergibt sich auch durch die Vielfalt unserer Angebote. Wir bieten eben nicht nur Beratung. Die Leute kommen hier auch hin, um Spaß zu haben und sich auszutauschen.

Mit welchen Fragen sind die Menschen in der Energiekostenberatung im Café International auf Sie zugekommen, Herr Weis?

Thomas Weis: Nach dem Vortrag stand ich für individuelle Fragen bereit. Dabei ging es vor allem um unverständliche Schreiben von den Versorgern. Die beinhalten oft vier, fünf, sechs Seiten, die inhaltlich auch leicht juristisch sein können. Da erkenne sogar ich manchmal nicht auf den ersten Blick das Problem. Wenn Deutsch nicht die Muttersprache ist, ist das natürlich noch schwerer. Dann geht es hauptsächlich darum, zu vermitteln, worum es geht und was die Verbraucherinnen und Verbraucher tun müssen.

Worauf legen Sie bei der Beratung besonders Wert?

Thomas Weis: Die Menschen kommen mit einem konkreten, akuten Problem zu uns. Es ist wichtig, sich erst einmal darum zu kümmern, damit sich der Leidensdruck verringert. Im nächsten Schritt versuchen wir aber, das Problem von allen Seiten zu betrachten, statt nur die eine Rechnung zu sehen. Wir wollen eine Verbesserung der Situation auch in Zukunft erreichen. Dafür vermitteln wir teilweise auch an andere Hilfsangebote – zum Beispiel die Schuldnerberatung oder im sozialen Bereich an die Caritas oder die Diakonie.

Susanne Breitbach: Beratungsangebote müssen niedrigschwellig sein, damit der Zugang für alle Bürgerinnen und Bürger möglich ist. Wir legen besonderen Wert auf ein empathisches Miteinander und Kontakte auf Augenhöhe. Das trägt dazu bei, dass man sich wohl und willkommen fühlt. Das hoffe ich zumindest und ich habe auch keine gegenteiligen Rückmeldungen erhalten.

 

Zu den Personen

Susanne Breitbach vom Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e. V. ist Koordinatorin des Mehrgenerationenhauses St. Matthias im rheinland-pfälzischen Mayen. Um dort zum Thema Energiekosten beraten zu können, arbeitet sie mit Thomas Weis zusammen. Er ist Energiekosten-Berater bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.