Fahrradwerkstatt mit Verkehrssicherheitstraining
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Schlagworte:
Bildung, Bürgerbeteiligung, Freiwilliges Engagement, Integration von Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte, Teilhabe
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Demografietyp:
3 Kleine und mittlere Gemeinden mit moderater Alterung und Schrumpfung
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Siedlungstyp:
Städtischer Raum
Die Willkommenspaten bieten in Kooperation mit der Stadt und der Polizeiinspektion Betzdorf ein Verkehrstraining für Geflüchtete an.
Die „Willkommenspaten“ für Geflüchtete haben im Mai 2016 erstmals in Kooperation mit der Stadt und der Polizeiinspektion Betzdorf ein Verkehrstraining für geflüchtete Menschen angeboten. Daraus entstand der Wunsch, auch Fahrräder anbieten zu können, damit die Geflüchteten mobiler sind und keine Fahrtkosten im ÖPNV haben. Durch Öffentlichkeitsarbeit und persönliche Ansprache wurden viele Fahrräder gespendet. Zunächst stellte die Stadt und die Polizeiinspektion Betzdorf jeweils eine Garage auf dem Schützenplatz, wo auch das Training nach wie vor regelmäßig stattfindet. Als das nicht mehr ausreichte, ist die Fahrradwerkstatt zur Caritas als Träger des MGH umgezogen und hat seitdem einen ca. 50 m großen Raum zur Verfügung. Derzeit arbeiten 16 freiwillige Engagierte (Einheimische sowie Geflüchtete aus mehreren Ländern) jeden Freitag für drei Stunden. Von 16-18.30 Uhr ist die Fahrradwerkstatt geöffnet, um Ware zu bringen oder abzuholen. Sie ist außerdem Treffpunkt zum Kaffee trinken. Nicht nur Geflüchtete, sondern auch jede*r Bedürftige kann dort ein Fahrrad erhalten. Oberkommissar Jürgen Winkel von der Polizeiinspektion arbeitet ehrenamtlich mit und prüft die Fahrräder auf Verkehrssicherheit. Für eine kleine Aufwandsentschädigung erhält man ein gutes Fahrrad. Reparaturen werden jederzeit kostenfrei gemacht (bzw. gegen Materialkosten). Bislang wurden 336 Fahrräder gespendet, 238 Räder „verkauft“ sowie 230 Räder repariert.
Einbindung der Querschnittsaufgaben
Generationsübergreifender Ansatz: Menschen verschiedenen Alters kommen als Kund*in zur Fahrradwerkstatt und beschließen daraufhin, sich auch dort zu engagieren. Da sind zum Beispiel der 55-jährige Afghane und die 45-jährige Iranerin, die schon lange hier leben und beim Verkehrstraining als Übersetzer fungieren. Verschiedene junge Männer aus Eritrea, Syrien und Afghanistan, die die Fahrräder instand setzen. Zwei Frauen mittleren Alters von den Willkommenspaten, die sich um die Verwaltung kümmern. Das Generationsübergreifende ergibt sich hier praktisch von selbst, zudem immer viele Menschen mit Kindern zur Fahrradwerkstatt kommen und dort ein buntes Treiben herrscht. Einbindung von freiwillig Engagierten: Da sind zum einen die freiwillig Engagierten, die zu den Willkommenspaten gehören und die Fahrradwerkstatt auf den Weg gebracht haben. Dann gibt es viele freiwillig Engagierte unter den Geflüchteten. Ein freiwillig Engagierter ist außerdem als einheimischer Kunde gekommen – und ehrenamtlich geblieben! Nach und nach bekommen immer mehr der jungen geflüchteten Männer Arbeit. Nach der Schicht kommen sie vorbei und helfen bei der Fahrradwerkstatt mit. Wer mal keine Zeit hat, sagt ab. Es ist ein harmonisches Miteinander, ein Hand-in-Hand arbeiten. Es gibt einen ehrenamtlichen Koordinator, aber keinen „Chef“. Im Hintergrund steht hauptamtliche Begleitung von unserer Seite zur Verfügung: Für die Öffentlichkeitsarbeit, die Planung und Durchführung von Veranstaltungen und Aktionen sowie als Ansprechperson für die freiwillig Engagierten.
Wirkung
Die Wirkung im Umfeld ist unglaublich und unerwartet stark. Mittlerweile nehmen Menschen im Einzelfall durchaus 20km Fahrt auf sich, um zur Fahrradwerkstatt zu gelangen. Lokale Vereine werden darauf aufmerksam, fungieren als Multiplikatoren und spenden (siehe Zeitungsartikel). Geflüchtete aus verschiedenen Ländern arbeiten Hand in Hand mit Einheimischen. Alle respektieren sich gegenseitig. Das regelmäßig stattfindende Verkehrstraining (Theorie Teil im Schulungsraum sowie anschließende Praxis auf dem Schützenplatz) trägt nebenbei auch zur Verbesserung sprachlicher Fähigkeiten bei. Besucher*innen der Betzdorfer „Tafel“ haben die Möglichkeit, sehr günstig ein Fahrrad zu erhalten. So sind sie unabhängig vom teuren ÖPNV und kommen außerdem in Bewegung. Durch das Zusammenkommen von Einheimischen und Geflüchteten werden viele Vorurteile abgebaut.
Erfahrungsbericht
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass ein gutes, fröhliches und konstruktives Miteinander möglich ist, wenn man gemeinsam an einer Sache arbeitet. Diese muss Spaß machen, für sinnvoll erachtet werden und praktischen Nutzen haben. Hinzu kommt, dass öffentliches Interesse und Wertschätzung das Engagement nochmals beflügelt. Die Kooperation mit der Polizei wurde von den Geflüchteten als positiv angesehen und hat bei ihnen ein gutes Bild der Polizei vermittelt. Herr Winkel von der Polizeiinspektion Betzdorf tauscht zudem bisweilen nach Feierabend seine Uniform gegen Freizeitkleidung und macht mit. Geflüchtete Männer lernen durch das gemeinsame Engagement mit einheimischen Männern und Frauen typischen Gewohnheiten und Regeln im Umgang miteinander kennen. So ist es mittlerweile für sie „normal“, eine Frau mit Handschlag zu begrüßen. Das ist ein Prozess und nichts Aufgezwungenes.
Kontaktdaten
Mehrgenerationenhaus "Gelbe Villa"
Bahnhofstraße 14, 57548 Kirchen
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02741 / 936964
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mgh@caritas-betzdorf.de
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