Integration mit Rat, Tat und Arbeit - Das ist keine Einbahnstraße!
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Schlagworte:
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Demografietyp:
3 Kleine und mittlere Gemeinden mit moderater Alterung und Schrumpfung
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Siedlungstyp:
Ländlicher Raum
Flüchtlingskrise? - Nein! Das ist eine echte Chance, gerade im ländlichen Bereich. Also haben wir unser Haus noch mehr geöffnet.
Flüchtlingskrise? - Nein! Das ist eine echte Chance, gerade im ländlichen Bereich. Also haben wir unser Haus noch mehr geöffnet und vor allem als Projektleiter Integration einen geflüchteten Mann aus Syrien eingestellt. Er übernahm die Koordinierung, Organisation und fungierte tatsächlich als "Türöffner". Da er selbst aus Syrien geflüchtet ist, kennt er aus erster Hand die Probleme der Flüchtlingsfamilien. Inzwischen spricht er gut Deutsch. Zunächst ging es besonders darum, bei allen Alltagsproblemen der Flüchtlingsfamilien mit Rat und Tat zu helfen. Da stand das Telefon kaum still. Und zu den Kursen wurden diverse Papiere ausgetauscht, übersetzt und erklärt. Behördengänge und Arztbesuche wurden vom Projektleiter begleitet und damit oft Unsicherheiten und Ängste ausgeräumt. Das MGH wurde mit dem Projekt Anlaufstelle für alle Fragen des Lebens und gleichzeitig konnte Integration durch gemeinsames Tun in diversen Kursen ermöglicht werden. Es wurden gemeinsam Hausaufgaben gemacht, es wurde gespielt und gesungen. Aber Integration wurde nicht als Einbahnstraße betrachtet. Das bedeutet, dass gegenseitige Begegnungen von Menschen aus Nah und Fern ermöglicht wurden, dass wir voneinander lernen können. Jeder von jedem. Ein spezielles Theaterstück zum Thema wurde gemeinsam mit einem Künstler aus Syrien entwickelt. Ein anderer geflüchteter Künstler begleitet die "Fann-Kurse" für Jugendliche vor Ort. Arbeit gibt es genug, Interesse und Fähigkeiten auch. Wir bringen beides zusammen.
Einbindung der Querschnittsaufgaben
Zu allen Angeboten kommen die Geflüchteten per se immer mit der ganzen Familie. Das hieß für uns noch einmal umdenken. Was im Zuge der Anerkennung als MGH sehr passend war. So wurden für Erwachsene konzipierte Kurse so gestaltet, dass Kinder daran teilnehmen konnten oder gleichzeitig ein Kurs für die Kinder lief. Der Deutschkurs z.B. wurde mit dem Theaterangebot verbunden. Die offene Werkstatt wurde von Eltern und Kindern genutzt, getreu dem Motto: Jeder lernt von jedem. Im Generationen-Café trafen alle aufeinander, "Neu-Bürger", ältere Gnoiener und Kinder und Jugendliche von Nah und Fern. Ebenso im Generationen-Kino. Die Auswahl der Filme wurde neu bedacht. Ähnlich lief es bei den Angeboten "Forschen und Entdecken" und den diversen Kochkursen. Ohne die Mitwirkung von Ehrenamtlichen würden wir das Mehr an Arbeit überhaupt nicht bewältigen können. Vor allem Senioren/Seniorinnen wurden und werden sehr aktiv. Gern betreuen sie die Kinder oder helfen bei den Hausaufgaben. Das MINT-Projekt wird ebenso fachlich begleitet von einem Senior. Ganz nebenbei leistet außerdem jeder der Mitarbeiter ehrenamtliche Arbeit, ob es nun beim Fahren mit dem Auto nach Hause nach dem Kurs ist oder die Hilfe beim Aufbau der neuen Küche... Eine große hilfsbereite Gemeinschaft ist innerhalb des Projektes entstanden. Und inzwischen kommt ganz viel zurück von den Flüchtlingsfamilien, an Kraft und Ideen. Wie wir beim gemeinsamen Vorbereiten unseres Hoffestes feststellen konnten.
Wirkung
Es weht ein frischer Wind in unserem Haus. Zwei Familien (10 Personen) sind nach Gnoien umgezogen, um unsere Angebote noch besser nutzen zu können. Die Wirkung auf allen Gebieten ist einfach überwältigend. Inzwischen ist es selbstverständlich, dass mehrere Fachleute, die aus Syrien geflüchtet sind, bei uns Kurse leiten und begleiten. Und so dreht sich manchmal Integration um, denn wir können viel lernen, ob nun beim gemeinsamen Fußballspiel, beim Kochen, im Labor, beim Skulpturen-Bau oder beim Theaterspiel. Besonders hat es uns gefreut, dass wir zusätzlich drei Geflüchtete in Arbeit bei anderen Firmen bringen konnten. Darunter eine junge Frau mit vier Kindern, für die sich ein Traum erfüllt hat, da sie noch nie vorher gearbeitet hatte. Eine Freude ist es auch, zu erleben, mit welchem Enthusiasmus die Kinder neues Wissen geradezu aufsaugen. Da kann sich mancher hier eine Scheibe abschneiden bzw. sich anstecken lassen. Natürlich wird auch viel diskutiert über die Integrationspolitik.
Erfahrungsbericht
Nicht nur die Probleme sehen, sondern die Potenziale nutzen, die da zu uns gekommen sind. Nicht über die Menschen reden, sondern mit ihnen. Und unbedingt Arabisch lernen, um zu verstehen, nicht bloß die Sprache, sondern um die andere Seite besser kennen zu lernen. Mutig Neues ausprobieren. Es ist eine emotional sehr aufwühlende Zeit, in der viel Kreativität steckt. Syrische Kinder erzählen z.B. deutschen Kindern ihre Fluchtgeschichten. Dazu interpretieren wir „Alice im Wunderland“ auf der Bühne neu als „Alisar im Wunderland“. Darin heißt es so schön: „Wir sitzen sowieso alle in einem Boot“. Ja, und das erfahren wir in unserer Arbeit täglich hautnah. Es ist ein wunderbarer Austausch der Kulturen, der fast im Nebenbei geschehen kann, wenn man es zulässt und die Bedingungen dafür schafft. Letztlich machen wir bei unserer Integration das, was wir immer machen, wir nehmen die Menschen so wie sie sind, mit ihren Stärken und ihren Schwächen. Wir freuen uns über jeden, der aktiv sein möchte.
Kontaktdaten
cultura mobile e.V.
Teterower Straße 22, 17179 Gnoien
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039971 / 30776
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info@kulturboerse-gnoien.de