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Freiwilliges Engagement

"Wir stärken das Freiwillige Engagement im Quartier"

In Frankfurt am Main haben das Mehrgenerationenhaus, die Deutsche Bank und die Wirtschaftskanzlei Linklaters LLP das im Mehrgenerationenhaus angesiedelte Modellprojekt „Engagement im Gallus" ins Leben gerufen. Das Gallus ist ein Frankfurter Stadtteil, in dem auch das Mehrgenerationenhaus angesiedelt ist. Dort ist Kristin Deibert als Projektleiterin angestellt. Zu ihren Aufgaben gehört es, den Bedarf an Freiwilligem Engagement im Gallus-Viertel zu ermitteln und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der beteiligten Unternehmen als „Volunteers" an soziale Einrichtungen des Stadtteils zu vermitteln. Im Interview berichten Kristin Deibert und Christine Schwake, Projektmanagerin im Bereich Corporate Citizenship / Corporate Volunteering der Deutschen Bank, über das Projekt zur Förderung des Freiwilligen Engagements im Gallus.

Seit Anfang 2011 arbeiten Mehrgenerationenhaus, Deutsche Bank und Linklaters LLP im Modellprojekt „Engagement im Gallus" zusammen. Bitte stellen Sie uns das Projekt kurz vor. Was sind seine Ziele?

Schwake: Das Gallus ist ein Stadtteil in Frankfurt am Main mit besonderem Entwicklungsbedarf. Diesen Herausforderungen möchten die Partner des Projekts „Engagement im Gallus" – Mehrgenerationenhaus, Linklaters und Deutsche Bank – durch eine Stärkung des Freiwilligen Engagements im Quartier begegnen. Das Projekt erleichtert es Anwohnerinnen und Anwohnern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Unternehmen, sich mit ihrem Engagement in das Leben des Stadtteils einzubringen und diesen aktiv mit zu gestalten. Hierfür ermitteln wir den Bedarf, der im Gallus besteht und bringen soziale Einrichtungen, Bewohnerinnen und Bewohner sowie Wirtschaft gezielt zusammen. Durch die Förderung von Kooperationen zwischen gemeinnützigen Einrichtungen und Unternehmen, die vor Ort ansässig sind, stärkt das Projekt den sozialen und gerade auch den generationenübergreifenden Zusammenhalt im Gallus.

Frau Deibert, wie setzen Sie das Projekt um?

Deibert: Das Projektbüro im Mehrgenerationenhaus, das von Linklaters und der Deutschen Bank finanziert wird, ist die erste Anlaufstelle für Freiwillig Engagierte im Stadtteil. Wir vermitteln Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Deutsche Bank und Linklaters – Einzelpersonen oder komplette Teams - als Volunteers in das Mehrgenerationenhaus und in andere soziale Einrichtungen des Gallus. Dabei sind die Formen des Engagements unterschiedlich: Sie reichen von einmaligen Social Days, an denen die Volunteers etwa helfen, eine Einrichtung zu renovieren, bis hin zu längerfristigen Einzelengagements. Auch für die Einwohnerinnen und Einwohner des Gallus, die sich freiwillig engagieren möchten, bin ich als Projektleiterin eine zentrale Ansprechpartnerin. Ich berate und begleite sie bei der Suche nach einer passenden Engagementmöglichkeit im Quartier. Wir kennen die Bedarfe im Gallus und können die Freiwillig Engagierten – wie auch die Volunteers – gezielt in Einrichtungen vermitteln, die zu ihnen passen und die ihre Hilfe benötigen.

Können Sie uns hierfür konkrete Beispiele nennen?

Schwake: In den Jahren 2011 und 2012 haben die Volunteers von Deutsche Bank und Linklaters an 99 verschiedenen Aktionen teilgenommen: Sie haben mit z.B. Schülerinnen und Schülern Bewerbungstrainings durchgeführt, soziale Einrichtungen in den Bereichen Arbeitsrecht, Urheberrecht und Verkaufsrecht beraten, Räume von Kindertagesstätten renoviert oder mit demenziell Erkrankten den Frankfurter Zoo besucht.

Deibert: Für mich war die Aktion „Gallus blüht auf" im Mai 2011 eine besonders schöne Erfahrung, weil sich so viele aus dem Quartier daran beteiligt haben: Besucherinnen und Besucher sozialer Einrichtungen, Einwohnerinnen und Einwohner sowie Volunteers. An diesem Tag haben alle gemeinsam vor verschiedenen Einrichtungen des Stadtteils, darunter Schulen und das Mehrgenerationenhaus, Blumen gepflanzt, um die Bewohnerinnen und Bewohner des neuen Europaviertels willkommen zu heißen und das Gallus aufblühen zu lassen. Das war ein richtiges kleines Fest, bei dem man sich untereinander besser kennengelernt hat.

Ein Leuchtturmprojekt von „Engagement im Gallus" ist der „Marktplatz für gute Geschäfte". Was verbirgt sich genau dahinter?

Schwake: Der Marktplatz fand erstmals im Juni 2012 in einem einzelnen Stadtteil - dem Gallus - statt. Zuvor wurde er bereits erfolgreich in ganz Frankfurt erprobt. Danach war es uns wichtig, die bewährte Marktplatzmethode – anders als in den Vorjahren – auf ein Quartier zu fokussieren. Hierfür boten sich der Stadtteil Gallus und das Projekt „Engagement im Gallus" im örtlichen Mehrgenerationenhaus als Rahmen besonders an.

Das Ziel des Marktplatzes ist es, soziale Einrichtungen und Unternehmen im Gallus gezielt zusammenzubringen und neue gemeinsame Engagementprojekte ins Leben zu rufen. Die Marktplatzmethode ist denkbar einfach: Unternehmen und soziale Einrichtungen kommen in einem Raum zusammen und haben eineinhalb Stunden Zeit, sich im Rahmen von „Speed Datings" über ihre Bedarfe und Angebote auszutauschen und Kooperationsvereinbarungen zu schließen. Geld ist an diesem Abend tabu. Gehandelt werden Engagementangebote, Sachmittel, Kontakte und Know-how. Das sind die Währungen, die getauscht werden. Freiwilliges Engagement und die Entwicklung neuer gemeinsamer Engagementmöglichkeiten stehen an erster Stelle.

Wie war die Resonanz des Stadtteils auf den ersten „Marktplatz für gute Geschäfte"?

Deibert: Sehr gut. 26 soziale Einrichtungen und 19 Unternehmen aus dem Gallus haben sich beteiligt. Aus der Wirtschaft haben sowohl Gewerbetreibende als auch Großunternehmen wie die Commerzbank und die Deutsche Bahn teilgenommen. Insgesamt wurden an diesem Tag 122 wechselseitige Kooperationsvereinbarungen geschlossen, deren Umsetzung ich als Projektleiterin begleite und kontrolliere. Der Abend war so erfolgreich, dass am 13. Juni 2013 der 2. Marktplatz stattfinden wird.

Können Sie uns bitte ein paar abgeschlossene Kooperationsvereinbarungen vorstellen?

Deibert: Ein Merkmal des Marktplatzes ist das Geben und Nehmen: Leistung und Gegenleistung sind ein fester Bestandteil jeder Kooperationsvereinbarung. So hat zum Beispiel ein lokaler Optiker Grundschülerinnen und Grundschüler zum Thema Sehen unterrichtet. Im Gegenzug haben die Kinder sein Schaufenster gestaltet. Eine weiteres Beispiel: Die IT-Abteilung eines Unternehmens gestaltet einer Hebamme unentgeltlich ihre Website. Zum Tausch bietet sie den IT-Expertinnen und -Experten einen Gesundheitskurs an. Und Volunteers der Deutschen Bank kamen in den Genuss eines Schweißerworkshops, nachdem sie einer Metall-Werkstatt, die mit straffälligen Jugendlichen zusammenarbeitet, beim Umzug geholfen hatten.

Frau Schwake, Deutsche Bank und Linklaters sind auf das Mehrgenerationenhaus zugegangen, um es als Projektpartner zu gewinnen. Was schätzen Sie am Mehrgenerationenhaus?

Schwake: Linklater und Deutsche Bank haben sich aus guten Gründen für das Mehrgenerationenhaus als Projektpartner entschieden. Zunächst ist das persönliche Vertrauen zu nennen, das wir im Rahmen mehrerer Corporate-Volunteering-Projekte zum Mehrgenerationenhaus und zu seiner Leiterin Ursula Werde aufbauen konnten. Für das Mehrgenerationenhaus sprachen aber auch die Vielseitigkeit seiner Angebote, der generationenübergreifende Leitgedanke und seine Erfahrungen im Bereich des Freiwilligen Engagements. Das passte alles sehr gut zu unserem Projekt. Vor allem aber ist das Mehrgenerationenhaus im Stadtteil fest verankert und bestens vernetzt. Es liegt im Zentrum des Quartiers, bildet sozusagen das Herz des Stadtteils. Für Bewohnerinnen und Bewohner des Gallus hat es sich als zentrale Anlaufstelle etabliert. Sie bringen dem Mehrgenerationenhaus viel Vertrauen entgegen. Dieses Vertrauen hat dabei geholfen, Vorbehalte, die es vor Ort gegenüber Konzernen wie Linklaters und der Deutschen Bank gab, abzubauen und das Projekt erfolgreich umzusetzen.

Frau Deibert, als Projektleiterin stehen Sie regelmäßig mit Unternehmen in Kontakt. Was ist Ihr Erfolgsrezept bei der Ansprache von Partnern aus der Wirtschaft? Können Sie anderen Mehrgenerationenhäusern Tipps geben?

Deibert: Die persönliche Ansprache und der Aufbau eines Netzwerks sind das A und O. E-Mails und Briefe sind immer nur der erste Schritt. Es lohnt sich, bei den Unternehmen telefonisch oder persönlich nachzufassen. Man muss miteinander ins Gespräch kommen. Nur über den persönlichen Kontakt kann man eine Verbindlichkeit herstellen, die einer Zusammenarbeit den Boden ebnet. Beharrlichkeit hilft hier weiter. Zudem sollte man die unmittelbar zuständige Person im Unternehmen ansprechen, ansonsten landet die Anfrage schnell im Papierkorb. Ebenso wichtig ist die gründliche Vorbereitung der Partneransprache: Ich erstelle im Vorfeld immer eine Präsentation, in der ich das Projekt, unser Vorhaben und die Vorteile, die sich dem Unternehmen durch eine Zusammenarbeit bieten, vorstelle.