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Mehrgenerationenhäuser – Hören, was gebraucht wird

Aus der Praxis II

Bedarfe erkennen, Wünsche umsetzen

Foto aus dem Mehrgenerationenhaus Schmalkalden

Schmalkalden in Thüringen, eine kleine Gemeinde mit rund 20.000 Einwohnern. Alle zwei Monate belädt Tamara Wedel, die Koordinatorin des örtlichen Mehrgenerationenhauses, ihr Auto mit Papier, Flipchart, Stiften und Zetteln und fährt die Serpentinen hinauf ins Walperloh. Hier findet um 18 Uhr der „Runde Tisch“ statt. Das Walperloh gilt in Schmalkalden als unbeliebte Wohngegend. „Bezeichnenderweise endet am ‚Grenzweg’ für viele das eigentliche Schmalkalden und das Walperloh beginnt“, erklärt Tamara Wedel. Das soll sich ändern – das Viertel soll lebenswerter werden, durch neue Angebote, die sich an den Wünschen, Sorgen und Bedürfnissen der Anwohnerinnen und Anwohner orientieren. Dafür setzen sich regelmäßig Bürgerinnen und Bürger mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Kommune, dem Mehrgenerationenhaus und von Wohnbaugesellschaften im Rahmen eines Runden Tisches zusammen. Anfangs kamen nur rund zehn Bewohnerinnen und Bewohner des Stadtteils, heute sind es zwischen 25 und 35 Personen aller Altersgruppen. Schon im Oktober 2015 berichteten wir von den Runden Tischen in Schmalkalden. „Damals wurde das Format eher als Beschwerdeplattform wahrgenommen“, sagt Tamara Wedel, „jetzt geht es um die Gestaltung eines guten Miteinanders hier im Wohngebiet.“

Alle erreichen – auch die Jugendlichen
Das Mehrgenerationenhaus organisiert den Runden Tisch gemeinsam mit dem Gleichstellungsbeauftragten der Stadt. „Aber auch der Bürgermeister und die Wohnungsbaugesellschaften sind im Boot und sprechen die Menschen gezielt an“, sagt Frau Wedel. Sogar onlinewird geworben. Vorab werden über Facebook die Themen der nächsten Sitzung veröffentlicht – der beste Weg, um die Menschen hier im Walperloh zu erreichen. Und damit die Einladungen noch verbindlicher sind, tragen zwei Bewohnerinnen des Stadtteils darüber hinaus personalisierte Einladungen an alle aus, die schon mal dabei waren.


Auch die Jüngeren sollen mithelfen, das Wohngebiet weiterzuentwickeln: „Wir zeigen den jungen Leuten, dass sie sich engagieren müssen, wenn sie sich neue Angebote wünschen. Und dass sich ihr Engagement lohnt“, erklärt Frau Wedel. Mit Erfolg – als die Jugendlichen sich eine Dirtbike-Strecke wünschten, fand der Runde Tisch dafür eine geeignete Stelle und sorgte dafür, dass der städtische Bauhof die Vorarbeiten erledigte. Dann übernahmen die Jugendlichen und schufen sich mit Rechen und Schaufel die Bahnen selbst.

Was ist das Schmalkaldener Erfolgsgeheimnis?
„Ohne Wertschätzung geht es nicht“, findet Tamara Wedel. „Uns ist es wichtig, dass die Leute sich mitgenommen fühlen und nicht morgens aufstehen, auf einmal drei Rosenbeete vor der Haustüre haben und sich wundern, was das soll.“ Genau dabei hilft der Runde Tisch. „Die Menschen fühlen sich hier ernst genommen. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass der Bürgermeister immer kommt. Das ist ein unheimlich wichtiges Signal.“, fügt sie hinzu. Sich die Wünsche anhören und ein Verständnis dafür schaffen, was möglich ist und was nicht – auch das bedeutet Wertschätzung.  Außerdem begrüßt Frau Wedel alle Teilnehmenden des Runden Tisches persönlich mit Handschlag. Nach zwei Stunden fährt sie dann wieder den Berg hinunter. Vorbei an der Straße, deren Name das Problem in Schmalkalden auf den Punkt bringt: Der „Grenzweg“ – in der Hoffnung, mit ihrer Arbeit diesen Namen zukünftig weniger bedeutsam zu machen. Der erste Schritt ist getan: Es beteiligen sich bereits merklich mehr Menschen aus dem Walperloh an den Angeboten des Mehrgenerationenhauses, das „unten“ in der Stadt liegt.